Heute geht es ums Geld - Unterhalt

Das Unterhaltsrecht

Das heutige Thema des Monats ist wohl eins der wichtigsten Themen neben dem Thema

Umgang. Gerade nach einer Trennung zeigt sich bei vielen

umgangsberechtigten eine erhebliche finanzielle Belastung. Neben den Kosten

eines meist neu zu schaffenden Haushalts, kommt der Trennungsunterhalt des

Partners und natürlich der Kindesunterhalt, um den es heute in dieser Ausgabe

geht dazu. Aus diesen Gründen gehört die Trennung, neben der

Erwerbslosigkeit und schwere Erkrankung zu den häufigsten Gründen von

Privatinsolvenzen.

Aber wem ist man eigentlich alles zum Unterhalt verpflichtet? Nach dem

Gesetz sind nur Verwandte in gerader Linie einander unterhaltspflichtig. Das

sind Personen, die direkt voneinander abstammen, also Großeltern, Eltern und

Kinder. Keine Unterhaltsansprüche bestehen hingegen gegenüber

Geschwistern, Onkel und Tante oder Stiefeltern. Gegenüber dem Kind sind in

erster Linie die Eltern unterhaltspflichtig. Zum Jahresbeginn 2008 ist eine

Unterhaltsrechtsreform in Kraft getreten, ein Kernstück ist, dass der Unterhalt

für minderjährige Kinder nunmehr Vorrang vor allen anderen

Unterhaltsansprüchen hat. Die sogenannte Rangfolge wird im BGB § 1609

aufgelistet.

 

https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1609.html

 

Ist der Unterhaltspflichtige mehreren Personen gegenüber

unterhaltsverpflichtet, reicht das Einkommen manchmal nicht aus, um den

Unterhaltsbedarf aller zu erfüllen. In diesem Fall gibt das Gesetz vor, in

welcher Reihenfolge das für Unterhaltszwecke zur Verfügung stehende

Einkommen verteilt wird. Die Unterhaltsansprüche von minderjährigen

unverheirateten und privilegiert volljährigen Kindern, sind demnach

grundsätzlich vorrangig zu erfüllen, d. h. vor den Ansprüchen anderer

Unterhaltsberechtigter (z. B. des Ehegatten). Erst danach sind die Ansprüche

von Ehegatten und Elternteilen, die wegen der Betreuung eines Kindes

unterhaltsberechtigt sind, zu berücksichtigen. Die Unterhaltsansprüche nicht

privilegierter Kinder – also etwa volljährige Kinder, die sich in der

Berufsausbildung befinden – gehen diesen Personen im Rang nach. Sie sind

erst dann an der Reihe, wenn der Unterhaltsbedarf der vorrangigen Personen

gedeckt ist und das Einkommen des Unterhaltspflichtigen für weitere

Unterhaltszahlungen ausreicht. Reicht das Geld nicht für alle Gläubiger, so

sind die betroffenen Unterhaltsansprüche entsprechend zu kürzen.

Das bedeutet natürlich auch, dass ich beispielsweise gegenüber meinen 3

Kindern, die ja in 2. Ehe bei mir leben, unterhaltspflichtig bin. Ich muss jedoch

nicht knapp 1000 € an meine Kinder überweisen, denn die Eltern können

gegenüber unverheirateten Kindern die Art und Weise der

Unterhaltsgewährung selbst bestimmen, sofern die Kinder im gleichen

Haushalt leben. Sie können etwa entscheiden, dass der Unterhalt weitgehend

im Elternhaus in Natur gewährt wird (Unterkunft, Verpflegung, Kleidung usw.).

Allerdings müssen sie auf die Belange des Kindes Rücksicht nehmen.

Leben die Eltern getrennt, erfüllt der Elternteil, bei dem das Kind aufwächst,

seinen Unterhaltsbeitrag in der Regel durch dessen Pflege und Erziehung.

Geldzahlungen werden von diesem Elternteil dann nicht erwartet. Der andere

Elternteil hingegen hat Barunterhalt zu leisten.

 

So ist es im Unterhaltsrecht geregelt: Einer betreut und einer zahlt. Das ist

das Leitmodell, was sich auch sehr deutlich auf den Umgang auswirkt. Die

aktuelle Diskussion, inwieweit andere Betreuungsmodelle, wie das

Wechselmodell, sich auf den Unterhalt auswirken, wird seit Jahren vom

Justizministerium geprüft. Dazu sollte die Unterhaltsrechtsreform 2019

kommen. Aber leider hat unsere scheidende Justizministerin keine Zeit mehr

dazu und somit müssen wir wohl noch einige Jahre warten, bis sich hier etwas

verändert.

Mit der Volljährigkeit des Kindes entfällt der Unterhalt durch Pflege und

Erziehung. Dann sind in der Regel beide Elternteile barunterhaltspflichtig.

Eine gerade jetzt wieder sehr aktuelle Frage ist, wie die Höhe des

Kindesunterhalts ermittelt wird. Zum Jahresende werden die Sätze ja wieder

um fast 6 % angehoben werden. Aber dazu später mehr.

Das Gesetz sagt hierzu nur, wie viel Unterhalt ein minderjähriges Kind

mindestens benötigt (sog. Mindestunterhalt oder die 100 % der Düsseldorfer

Tabelle). Eine rechtsverbindliche Regelung hierzu gibt es eigentlich nicht, aber

in der Praxis wird die Höhe des Unterhalts nach der „Düsseldorfer Tabelle.“

Bemessen.

Die Düsseldorfer Tabelle, als wichtigstes Richtwerkzeug im Unterhalt, werden

wir im nächsten Teil genauer betrachten.

Die Tabelle baut auf dem gesetzlichen Mindestunterhalt auf und bestimmt den

Unterhaltsbedarf nach der Höhe des Einkommens. Dabei legt sie drei bzw. vier

Altersstufen und mehrere Einkommensgruppen zugrunde. Mit den

Tabellenbeträgen sind die regelmäßigen und gewöhnlichen

Lebenshaltungskosten eines Kindes zu bestreiten.

Die Tabellenbeträge sind aber nur Leitlinien und nicht Gesetz; besteht im

Einzelfall ein höherer Bedarf – etwa aufgrund einer Krankheit – kann dieser

erhöhend berücksichtigt werden.

Den danach festgestellten Unterhaltsbedarf kann das Kind als Unterhalt

verlangen, es sei denn, es hat eigenes Einkommen oder der

barunterhaltspflichtige Elternteil ist nicht leistungsfähig. Wohl gemerkt, das

Kind verlangt den Unterhalt, es wird nur vom betreuenden Elternteil

vertreten.

Eigene Einkünfte des Kindes (z. B. eine Ausbildungsvergütung), sowie

Erträge aus seinem Vermögen (Mieteinnahmen, Zinsen, Dividenden)

mindern grundsätzlich seinen Unterhaltsbedarf. Den Stamm seines

Vermögen (z. B. ein Haus, ein Sparguthaben oder ein Aktienpaket) braucht

das Kind in aller Regel aber nicht zu verwerten, um seinen Lebensunterhalt

zu bestreiten.

Die Eltern können sich nicht ohne weiteres darauf berufen, dass sie nicht in

der Lage sind, ihr minderjähriges Kind zu unterhalten. Sie sind vielmehr

verpflichtet, alle verfügbaren Mittel gleichmäßig zu ihrem und des Kindes

Unterhalt zu verwenden. Die Grenze der Inanspruchnahme eines Elternteils

ist regelmäßig dann erreicht, wenn sein eigener notwendiger Lebensbedarf

gefährdet ist. Zur Höhe des notwendigen Eigenbedarfs (Selbstbehalt) enthält

die „Düsseldorfer Tabelle“ ebenfalls Empfehlungen.

Die gesteigerte Einstandspflicht der Eltern gilt auch gegenüber volljährigen

unverheirateten Kindern bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, wenn

diese Kinder sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden und im

Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben (sog. privilegiert volljährige

Kinder). Der Unterhaltsanspruch dieser Kinder geht, wie

Unterhaltsansprüche minderjähriger Kinder, anderen Unterhaltsansprüchen

im Rang vor.

Was vielen zuvor nicht immer klar ist, die Düsseldorfer Tabelle besteht aus 2

Listen. Einmal den Bedarf des Kindes und dann, der für uns

umgangsberechtigte wichtige Zahlbetrag. Dieser ist um die Hälfte des

Kindergeldes reduziert. Das staatliche Kindergeld dient der Entlastung der

Eltern. Das Kindergeld wird jedoch grundsätzlich an den Elternteil

ausgezahlt, in dessen Haushalt das Kind lebt. Der Kindergeldausgleich

zwischen den Elternteilen erfolgt bei minderjährigen, unverheirateten

Kindern eben durch diese hälftige Anrechnung. Die andere Hälfte bleibt bei

dem Elternteil, der das Kind erzieht.

Sobald das Kind volljährig ist, entfällt die Pflege und Erziehung. Nun tragen

beide Eltern die finanzielle Verantwortung. Deshalb wird bei volljährigen

Kindern das ganze Kindergeld zur Deckung des Unterhaltsbedarfs verwendet.

Aber wie lange muss man nun Unterhalt zahlen? Eine feste Altersgrenze, ab

der ein Elternteil seinem Kind keinen Unterhalt mehr schuldet, gibt es nicht.

Grundsätzlich müssen Eltern Unterhalt bis zum Abschluss einer ersten

angemessenen Berufsausbildung zahlen. Nimmt das Kind nach dem

Schulende keine Ausbildung auf, oder bricht es eine bereits seit längerem

absolvierte Ausbildung ohne Zustimmung der Eltern ab, muss es für seinen

Unterhalt grundsätzlich selbst sorgen. Ab dem 18 Lebensjahr gehen die

Ansprüche direkt an das Kind über, dieses muss nun auch ggf. vor Gericht

seine Ansprüche geltend machen.

Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf, einschließlich der

Kosten einer angemessenen Vorbildung für einen Beruf. Dazu gehört auch

die Pflicht der Eltern, nach ihren Möglichkeiten den Kindern eine Schul- oder

Berufsausbildung zu finanzieren, die ihren Neigungen, Begabungen und

Leistungen entspricht und geeignet ist, dem Kind eine wirtschaftliche

Selbständigkeit zu vermitteln. Solange das Kind eine solche Ausbildung

absolviert, ist es grundsätzlich nicht verpflichtet, daneben eine

Erwerbstätigkeit auszuüben. Es muss allerdings die Ausbildung zielstrebig

und ohne vermeidbare Verzögerungen abschließen.

Die Finanzierung einer Zweitausbildung kann prinzipiell nicht verlangt

werden. Unter bestimmten Voraussetzungen besteht jedoch ein

Unterhaltsanspruch des Kindes bei einer zusätzlichen Ausbildung.

Die Höhe des Unterhalts wird ja, wie bereits angesprochen, meist mit der

Düsseldorfer Tabelle ermittelt. Diesem Thema werden wir in der nächsten

Folge im Detail nachgehen. Sie erscheint immer zum Jahresende.



Kommentar von Stephan Gutte

 

Die Bemessung des Unterhalts als auch die, aus meiner Sicht, überhöhten

Zahlbeträge, sind eine absolute Sauerei und passen bei weitem nicht mehr in die

Zeit.

Der Bedarf eines Kindes steigt jährlich um etwa 10 € im Monat. Diese

Entwicklung hat sich von vielen Reallöhnen längst abgekoppelt. In einem Vortrag

einer OLG Richterin a.d. ist das Problem, dass die Gruppe der finanziell

überforderten Unterhaltszahlern immer größer wird. Das Familienministerium

sprach davon, das 61 % der unterhaltsverpflichteten Eltern diesen Unterhalt

nicht mehr leisten können.

Die Reform des Unterhaltsrechts ist mehr als überfällig. Es kann nicht sein, dass

Umgangsberechtigte, die sich aktiv an der Betreuung der Kinder beteiligen

möchten derart finanziell ausgeblutet werden.

Ich selbst spüre wie „teuer“ mein ältestes Kind ist. Sie bekommt wie viele 1000

Umgangskinder ja auch Geschenke zu Weihnachten und zum Geburtstag, hat bei

uns ein Bett und ihren persönlichen Platz, zu Beginn ein eigenes Zimmer. Sie isst

bei uns wie eine vollwertige Person mit, so sind die 8-Jährigen … Der Unterhalt

orientiert sich ja an der Düsseldorfer Tabelle und nicht an den aktuellen

Gegebenheiten der Familie. Geht insbesondere das Auto kaputt und man ist in

einem knappen Monat, spüren das nur die Kinder im Naturalunterhalt. Der

Barunterhalt fließt unvermindert weiter.

Wenn ich bedenke, dass bei einem Wechsel des Kindes in unseren Haushalt das

Familieneinkommen um 1298 € (bei gleicher Konstelation nur mit Obhutswechsel) steigen würde, erschrecke ich immer wieder. Ob

tatsächlich eine 8-Jährige an 25 Tagen im Monat für so viel Geld isst und

Kleidung überlasse ich euch in der Interpretation.






Die Düsseldorfer Tabelle

In der letzten Folge haben wir uns das Unterhaltsrecht insgesamt angeschaut. Dieses

basiert in Deutschland auf der uns allen bekannten Düsseldorfer Tabelle. Auch, wenn diese

keine Rechtsverbindlichkeit hat, ist mir bisher kein Fall bekannt, wo von dieser abgewichen

wurde. Sie ist der geltende Standard der Unterhaltsberechnung für Kinder nach Trennung

der Eltern.

Die Düsseldorfer Tabelle dient somit als Maßstab und Richtlinie zur Berechnung des

Unterhalts bereits seit über 50 Jahren. Eingeführt wurde sie im Jahre 1962 durch das

Oberlandesgericht Düsseldorf.

Jedes Jahr wird diese angepasst und weist dann in der aktuellen Version, die

Unterhaltsansprüche der Kinder gegen Eltern die Ihrer Natural Pflicht nicht nachkommen

auf. Hierbei spielt es keine Rolle warum man der Natural Pflicht nicht nachkommt. Hier

werden alle gleich behandelt. Die, die dieser Natural Pflicht nicht nachkommen dürfen, da es

der betreuende Elternteil nicht will und die, die sich einfach nicht um ihre Kinder kümmern

wollen.

Das heutige Thema soll die Düsseldorfer Tabelle als solches sein, hier wollen wir uns 2

Themen genauer betrachten. Eine der größten Fragen ist ja, wie man auf die Zahlbeträge für

Kinder kommt. Woher weiß man, wie hoch der Bedarf eines Kindes ist und wie wird der

Selbstbehalt festgesetzt?



Der Tabellenbetrag für Kinder

Der Mindestunterhalt für minderjährige Kinder nach der Trennung der Eltern, richtet sich nach dem Existenzminimum des Kindes und der sogenannten Mindestunterhaltsverordnung (§ 1612a BGB).

Er orientiert sich an dem steuerfrei zu stellenden sächlichen Existenzminimum eines Kindes im jeweiligen Jahr. Im Jahr 2025 beträgt dies jährlich 6648 Euro, mithin monatlich 554 Euro. 

Dieser Betrag ist die Bezugsgröße beim Mindestunterhalt für die 2. Altersstufe (6-11 Jahre)

der Düsseldorfer Tabelle.

Das Existenzminimum wird in einem Bericht der Bundesregierung (siehe Web Tipp unten

veröffentlicht.

Für die anderen Altersstufen wird ein prozentualer Abschlag von 13 % (Altersstufe 0-5) bzw.

ein Aufschlag von 17 % (12-17) vorgenommen.



In den Gehaltsstufen wird jeweils der festgelegte % Satz aufgeschlagen. So ist in der

Gehaltsstufe 2 105 % des Grundbetrags zu Zahlen, in der Gehaltsstufe 5 120 % und in der

Gehaltsstufe 10 160 %.

 

Der Selbstbehalt

Der Grundbetrag für den Selbstbehalt setzt sich aus den Werten der §§ 27a SGB XII , sowie

20 SGB II zusammen, welcher auch die Hartz IV Regelsatzhöhe regelt und nach

sozialrechtlichen Maßstäben das verfügbare Haushaltseinkommen für eine alleinstehende

Person ohne Schulden und atypische Ausgaben widerspiegelt. Dieser liegt seit 2025 bei 554

€ und wird fortgeschrieben.

 

Der Selbstbehalt in 2025 auf 1450 € für erwerbstätige Unterhaltsschuldner gegenüber minderjährigen Kindern belaufen.

 

Dieser Regelsatz wird jedoch noch pauschal um 10 % erhöht, um etwaigen Nachteilen

entgegenzuwirken, die Hartz IV bedürftige auch nicht zahlen müssen, beispielsweise GEZ

Rundfunkbeitrag. Weiterhin werden hinzugerechnet die angemessenen Kosten der

Warmmiete (Kaltmiete zuzüglich Nebenkosten und Heizkosten) sowie Pauschalen für

Versicherungen und ein pauschaler Pufferbetrag monatlich. Um einen Anreiz der







ALTERSSTUFE

 

BERECHNUNG NACH § 1612 A ABS. 1 BGB MINDESTUNTERHALT

 

1. (0 – 5 Jahre)

6648 : 12 x 87 % 482 € (Abzüglich ½ Kindergeld = Zahlbetrag)

 

1. (0 – 5 Jahre)

6648 : 12 x 100 % 554 € (Abzüglich ½ Kindergeld = Zahlbetrag)



3. (12 – 17 Jahre) 

6648 : 12 x 117 % 649 € (Abzüglich ½ Kindergeld = Zahlbetrag)




Erwerbstätigkeit zu schaffen, erhalten Erwerbstätige zusätzlich einen pauschalen

Erwerbstätigen-Selbstbehalt.

Erhöhung des Selbstbehalts

Eine Anhebung des Selbstbehalts kommt nur in zwei Fällen in Betracht, und zwar:

 

● bei unvermeidbar höheren Wohnkosten

● mehr als 50 % höheren Einkommens des anderen Elternteils

 

Sollte der Selbstbehalt unvermeidbar überschritten werden, so kann dieser

Einzelfallabhängig in angemessener Höhe angehoben werden. Beispielhaft könnte man hier

von einem Vater ausgehen, der für sein Kind im normalen Umfang Unterhaltsverpflichtungen

zu erfüllen hat, dessen Warmmiete sich aber auf 650 Euro beläuft. Kann der Vater seine

Wohnkosten nicht senken, so könnte der Selbstbehalt auf 1510 Euro erhöht werden (60

Euro höher als notwendig, daher wird auch der Eigenanteil um diesen Betrag erhöht).



Kommentar von Stephan Gutte

 

Die Zahlungen nach Trennung sind ohne Frage eines der emotionalsten Themen,

die es zu regeln gibt. Der Anspruch des Kindes wird ja dem betreuenden

Elternteil monatlich überwiesen, es ist an dieser Stelle verständlich, dass sich

insbesondere Umgangsberechtigte, die aus der Betreuung rausgedrängt wurden

doppelt gestraft fühlen. Sie dürfen den Natural Unterhalt in Form der Betreuung

nicht erbringen, sehen ihre Kinder sehr selten und müssen zur Strafe noch Geld

an den anderen Elternteil zahlen.

Das dies so rein juristisch nicht stimmt, sondern das die Zahlungen an die Kinder

gehen, da diese den Anspruch haben ist für umgangsberechtigte schwer

nachvollziehbar. Besonders kritisch, wenn die Kinder offensichtlich nicht gut

versorgt sind und die Gelder irgendwo versickern.

Aus meiner Erfahrung sollte man dennoch nach einer Trennung sehr genau

differenzieren. Wenn man selbst als umgangsberechtigter Elternteil betroffen ist,

ist es aus meiner Sicht wichtig, im eigenen “Fall”, dass Thema Geld so gut wie

möglich herauszuhalten.

Am besten man stellt sich zu Beginn einer Unterhaltsberechnung und akzeptiert

erstmal die Zahlungen so wie sie nun mal in unserem System berechnet und

geregelt werden. Natürlich mit einer korrekten Berechnung und keiner

Fantasieszahl, dafür ist tatsächlich der Weg zum Anwalt nicht der schlechteste.

Die berechtigte Kritik an der Unterhaltsberechnung, sollte nicht zu einem

weiteren Konfliktpunkt in dem eigenen Fall führen. Ich habe hier schon

eskalierende Konflikte

gesehen die meist gegen den umgangsberechtigen ausgelegt werden und

letztlich zu erheblichen Belastungen in den Beziehungen der Kinder werden.

Nun aber zur berechtigten Kritik an dem gesamten Unterhaltssystem. Wie wir

eben erfahren haben, kommt die Düsseldorfer Tabelle aus dem Jahr 1962.

Seitdem hat sich in der Berechnung des Unterhalts recht wenig getan. Auch

wenn die unterste Gehaltsstufe abgeschafft und der Selbstbehalt um 80 Euro

erhöht wurde, kommen immer mehr umgangsberechtigte an die Grenzen der

finanziellen Leistungsfähigkeit. Der Mindestunterhalt bei mehreren Kindern ist

einem normalen Arbeiter kaum möglich zu zahlen.

Im Unterhaltsrecht spürt man die zugrundelegende Ideologie, des gesamten

Systems. Der eine Elternteil betreut mit allen Kosten, der andere muss sich an

diesen beteiligen. Bei diesem Elternteil kommt es an den 4 Tagen im Monat zu

unerheblichen Kosten. Das dies der Realität nicht mehr entspricht, merken wir

alle. Allein das Vorhalten eines Kinderzimmers ist in den Gruppen, in denen ich

aktiv bin die Regel beim umgangsberechtigten Elternteil. Bedeutet natürlich

auch, dass hier nicht unerhebliche Kosten zusätzlich entstehen. Auch

Weihnachten wird ja bei uns umgangsberechtigten gefeiert und der

Weihnachtsmann oder das Christkind kommt ja auch zu uns und den Kindern bei

uns.

Bisher werden die mittlerweile viel ausgeweiteten Betreuungsformen vom

Gesetzgeber weitgehend ignoriert.

Mit großen Schrecken habe ich Reformvorschläge der SPD gelesen. Hier soll die

Betreuungszeit des umgangberechtigten auf den Unterhalt angerechnet werden.

Klingt im ersten Schritt sinnvoll. Will heißen das je mehr sich ein Kind z.B. beim

umgangberechtigten Vater aufhält, desto weniger Unterhalt müsste gezahlt

werden.

Hier sehe ich eine sehr große Gefahr. Ist es dann nicht erst recht so, dass der

betreuende Elternteil kein Interesse mehr hat das Kind öfter als im

Residenzmodell (ohne finanzielle Auswirkung) zum anderen Elternteil zu

schicken. In diesem Vorschlag steckt drin, dass jeder Tag mehr beim anderen

Elternteil, weniger Geld im Portemonnaie des betreuenden Elternteils bedeutet.

Mir kommt es hier oft vor, wir reden von Konfliktarmen Situationen in denen

zwei emotional unbelastete Menschen gute Regelungen finden. Komisch, wäre es

so, hätten sich die beiden ja nicht trennen müssen, oder?

Mein Vorschlag ist, den Barbedarf der Kinder grundsätzlich von beiden

Elternteilen zahlen zu lassen. Genau so, wie es auch in einer intakten Familie ist.

Je nach Einkommen würden dann Geldflüsse zum anderen Elternteil fließen.

Wenn beispielhaft der Vater arbeitet und die Mutter einen ½ Tag Job hat, ist klar

das in einer intakten Familie mehr Geld z.B. für Miete vom Vater gezahlt wird.

Bildet man nun ein Familieneinkommen und teilt dieses in der prozentualen

Gewichtung nach Einkommen auf und verteilt letztlich den Geldfluss zum

weniger verdienenden Elternteil.

Bei gleichem Gehalt würden keine Geldflüsse fließen, nur wenn ein Elternteil sich

selbst aus der Betreuung zurückzieht oder nicht zumutbare Gründe vorliegen,

dass ein Elternteil betreut (Gewalt, sexueller Missbrauch).

Abschließend noch eine Bemerkung zum Selbstbehalt, der ja rechnerisch bei

1072 € liegt. Aber als getrennt berufstätiger Elternteil wollte man wohl

doch nicht das Einkommen auf Sozialhilfeniveau herunterschrauben. Großzügig,

da ja der Sozialhilfeempfänger beispielhaft den Rundfunkbeitrag nicht zahlen muss, wurden

10 % aufgeschlagen.

Wer hier den Frust, der Unterhaltspflichtigen nicht verstehen kann, ist mir ein

Rätsel. Versucht mal, in Frankfurt am Main eine Wohnung für 650 € zu finden.

Das durchschnittliche Netto in Deutschland liegt bei 2700 € (laut Statistischem

Bundesamt). Wenn nun dieser Durchschnittsverdiener 2 Kinder (über 11 Jahre) hat und es

zur Trennung kommt, würden auf diesen 1042 € Unterhaltskosten zukommen.

Wenn nun seine Ex-Frau auch arbeitet und einen Durchschnittsverdienst von 2700 € hat,

käme sie auf ein Familieneinkommen inkl. Kindergeld von 4252 €. Unser

Durchschnittsverdiener kommen auf 1658 €.

Natürlich würde diese Rechnung anders aussehen, wenn der betreuende Elternteil nicht

arbeitet. Aber dann sähe die Rechnung auch bei intakter Familie anders aus. Also in

In meinem sozialen Umfeld gehen die meisten Frauen und Mütter wieder arbeiten.

Allein auf meiner Arbeitsstelle habe ich mehrere Kolleginnen, die als „alleinerziehend“ einen

Vollzeitjob machen und letztlich ein ähnliches Einkommen generieren, wie ich als

Familienvater mit vier Kindern.

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die Unterhaltsberechnung in unserem Land nicht mehr

dem Stand, der Zeit entspricht. Sie bedarf einer dringlichen Reformierung. Jedoch sollte

darauf geachtet werden, dass keine monetären Anreize geschaffen werden, um Umgänge zu

beeinflussen. Weder in die eine, noch in die andere Richtung.

Ich werde euch auf dem Laufenden halten, was in Zukunft politisch passiert. Jedoch rechne

ich nicht vor 2022 mit einer Reform. Zuvor muss die Coronapandemie überwunden werden,

dann wählen wir im September, und nachdem sich alle gefunden haben, können wir mit

etwas rechnen.

 

Links zum Thema

 

Aktuelle Düsseldorfer Tabelle

www.olg-duesseldorf.nrw.de/infos/Duesseldorfer_Tabelle/Tabelle-2021/index.php

 

BGB § 1612a

https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1612a.html

 

Existenzminimum-Berichte der Bundesregierung

https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/Steuern/14-existenzminimumbericht.pdf?__blob=publicationFile&v=4



SGB XII § 27a SGB XII

https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_12/__27a.html

 

SGB II § 20

https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_2/__20.html